Lichtrichtung

Sobald wir bei den Lichteigenschafften von hartem Licht sprechen attestieren wir dem Licht automatisch auch eine Richtung. Aus der Tatsache des Schattens ergibt sich im Motiv eine beschienene Seite als auch eine dem Licht abgewandte Schattenseite. Hartes Licht und Lichtrichtung sind also zwei Aspekte die sich gegenseitig bedingen.

Jede Lichtrichtung hat ihre spezifischen Eigenschaften und ist in ihrer Wirkung unterschiedlich im Vergleich zu anderen Lichtrichtungen.

Eine erste grobe Übersicht nennt daher die folgenden drei Lichtrichtungen:

Frontallicht, Licht von vorne

Frontallicht bedeutet Licht aus der Richtung der Kamera. Jede aus Kamerasicht sichtbare Fläche ist vom Licht beschienen, das Motiv zeigt sich schattenlos. Entsprechend entstehen schattenlose Bilder und wir sprechen dann von flacher Ausleuchtung. Bildelemente werden voneinander nurmehr durch deren Farben oder durch Strukturunterschiede getrennt, bei Schwarzweissbildern reduzieren sich die Farben zu Tonwertunterschieden, zu Unterschieden im Helligkeitsempfinden der unterschiedlichen Farben des Motivs. Motive ohne grosse Tonwertunterschiede fallen entsprechend sehr kontrastarm aus. Frontales Licht ist in den meisten Fällen nicht das Licht Ihrer Wahl, es sei denn, Sie seien an einem flachen, zweidimensionalen Bild interessiert. In diesem Sinne könnte Frontallicht als eine Art Ausgangslage verstanden werden, von welcher ausgehend jede Verschiebung der Lichtquelle eine Zunahme von Schatten bewirkt und damit einhergehend eine Erhöhung der plastischen Bildwirkung.

Seitenlicht, Streiflicht

Streiflicht
Bild: Michael Albat

Jede vom Frontallicht abweichende seitliche Lichtrichtung wirft für die Kamera sichtbaren Schatten. Halbseitliches Licht von oben gilt als natürlich modellierend und harmonisch. Nicht grundlos wird bei Porträtaufnahmen zumeist das Hauptlicht derart gewählt. Diese Lichtrichtung stimmt mit unserer Erfahrung des Sonnenlichts überein und wird daher als natürlich akzeptiert.

Eine besondere Bedeutung hat Seitenlicht für die Sichtbarwerdung von Oberflächenstrukturen. Oberflächenstruktur ist das Zusammenwirken von kleinen Erhöhungen und Vertiefungen. Diese Strukturen sind im Normalfall jedoch eher klein und tragen daher meist auch nur wenig zum Allgemeineindruck einens Bildes bei. Durch erhöhten Kontrast kann deren Wahrnehmung jedoch gesteigert werden. Dies geschieht mittels streifendem Licht, welches die Erhöhungen beleuchtet und gleichzeitig die Vertiefungen der Struktur in Schatten liegen lässt. Je mehr die Lichtrichtung parallel zur Struktur verläuft, desto auffälliger fällt die Wiedergabe der Oberflächenstruktur aus. Je nach Lage und Verlauf der Struktur in Bezug zur Kamera kann dessen Darstellung durch Streiflicht unterschiedlich deutlich bis dramatisch ausfallen, die wirksamste Darstellung ergibt sich ungefähr bei einem Dreiviertel-Gegenlicht. Es ist klar, dass diffuses Licht für diese Anwendung sinnlos ist. Geeignet ist direktes Sonnenlicht, ein Scheinwerfer oder gerichtetes Blitzlicht. Da die Oberflächenstruktuen meist eher fein strukturiert sind erweist sich eine gestochen scharfe Abbildung von Vorteil. Dies gilt aber nicht nur für die Darstellung von Struktur.

Gegenlicht

Silhouetten im Gegenlicht

Pflanzen im Durchlicht.

Bei Gegenlicht liegt die der Kamera zugewandte Seite des Motives im Schatten. Das Motiv erscheint uns derart als Silhouette. Dadurch entsteht auch ein direktes gegenüber von Hell und Dunkel, welches kompositorisch berücksichtigt werden will. Dunkle Flächen ohne Zeichnung müssen vorteilhaft und ausgewogen ins Bild integriert werden, wenn dies gelingt vermögen sie die Bildwirkung jedoch deutlich zu steigern.

Motivumrisse werden bei Gegenlicht jedoch durch streifendes Licht beleuchtet. Typisch für Gegenlichtsituationen sind daher Lichtsäume, welche Umrisse betonen und verschiedene Ebenen wirksam voneinander trennen. Durch diese Trennung kann ein gesteigerter Räumlichkeitseindruck respektve ein Gefühl für Tiefe entstehen.

Eine spezielle Möglichkeit der Gegenlichtfotografie ist also die Motivauffassung als Silhouette. Durch den Lichtsaum an den Formrändern wird die äussere Formen betont und das Motiv gleichzeitig aus dem Hintergrund herausgelöst. Details innerhalb der Motivfläche gehen dafür verloren, auch dies bewirkt eine Reduktion auf die Form. Gegenlichtaufnahmen stellen eine Abstraktion dar. Obwohl wir täglich Gegenlicht ausgesetzt sind, entspricht das Bild nicht unseren Sehgewohnheiten.

Die Belichtung bei Gegenlichtaufnahmen wird normalerweise auf die Lichter abgestimmt, in den hellen Bereichen werden Farbe und Zeichnung sichtbar, die Schatten laufen zu. Stellen allzu dunkle Schatten ein Nachteil dar (zum Beispiel bei Gegenlichtporträts), so können diese mittels Aufhellreflektoren oder einem dezent eingesetzten Aufhellblitz reduziert werden, die spezielle Atmosphäre der Lichtsituation wird dabei dann allerdings zerstört.

Durchlicht

Reizvoll für Gegenlichtaufnahmen sind auch transparente Objekte wie zum Beispiel Pflanzenblätter. Diese Objekte erscheinen im Gegenlicht selbstleuchtend, deren Farbe wird dadurch intensiviert. Sind die Objekte nicht zu dicht, so lassen sich derart auch überlagerte Strukturen in mehreren Ebenen abbilden.